Februar-Liste 2022

  • Es gibt wenige Anrufer, die auf den Handydisplay Vorfreude auslösen. Aber es gibt sie!
  • Kreative Arbeit und Deadlines, das passt doch einfach nicht zusammen.
  • Tut gut: Nach langem Ringen dann doch aufgeben.
  • Die Kunst des Lebens ist es, es an den richtigen Stellen zu intensivieren.
  • Leute, wenn ihr mich für zwei Stunden in eurem Zoom Call haben wollt, dann stelle ich euch das in Rechnung! Do the math.
  • Unverzichtbar im Februar: Vitamin-Tabletten, und eine Handvoll Slow Days (malen, rumliegen, nirgendwo hin müssen).
  • Wo ist eigentlich die Grenze, an der Self Care in Faulheit übergeht?
  • Der ultimative Test für die Stärke einer Beziehung ist und bleibt der gemeinsame Besuch bei IKEA. Wer noch eine Schippe drauf legen will, sucht danach an einem Freitag Abend in Neukölln einen Parkplatz.
  • Lotte Laserstein: Abend über Potsdam. Ein Bild von 1930, ein Bild wie aus der Gegenwart.
  • Draußen wütet ein Sturm.
  • Was hilft: Spiralen ins Tagebuch malen wie Lynda Barry.
  • Mit ein wenig Abstand kann man beim Blättern zwischen den Februar-Seiten sehen, wie sich der Himmel über der Welt verdunkelt.
  • So lange ich noch kann, muss ich die Welt aussperren, sonst gehe ich an ihr kaputt.

Januar-Liste 2022

Nachdem die erste Januar-Woche schon so turbulent war, war der Rest des ersten Zwölftel des Jahres doch eher gemäßigt. Was vor allem an der Tatsache lag, dass ich durch eine kleine Operation am Fuß nur schlecht laufen konnte und so knapp zwei Wochen das Haus kaum verlassen habe. Nach zwei Jahren Corona ist das aber ja auch irgendwie nichts besonderes mehr. Also los:

  • Bzgl. Corona: Die Luft ist raus.
  • Generelles Misstrauen dem niedrigen Stresslevel gegenüber.
  • Gutes Gefühl: Instinkt! Das hat doch bisher auch immer ganz gut geklappt. Und im Zweifel: Euphorie hilft auch.
  • Musical-Filme sind wirklich absolut furchtbar anzusehen. Alles in mir wehrt sich gegen diese Synthetik-Emotionen. Die Darsteller·innen glauben sich das doch selbst nicht!
  • 24. Januar, 14 Uhr: Mein Kalender erinnert mich an das nächste anstehende Ereignis: »Nickerchen«. So muss das sein.
  • Matschige Tage, innen wie außen
  • Drehe einen Texteinstieg hin und her. Er will mir einfach nicht gelingen. Wie schrecklich muss es sein, Schreiben zum Beruf zu haben?! Wie kommt ihr klar?!
  • 2002. 2012. 2022. Ab irgendeinem Punkt im Leben kann man sich an alles erinnern, und die Jahre rasen nur so an einem vorbei.
  • Mitten im Januar fange ich an, meine persönlichen Excel-Tabellen akribisch neu zu strukturieren. Nach Jahren lerne ich endlich verschiedene Formeln und Funktionen und am Ende sitze ich vor einer Vielzahl an Tabellenblättern, die ich so in zwei Monaten (wenn ich meine Steuererklärung mache) definitiv überhaupt nicht mehr verstehen werde.
  • Gelernt: Ein Großteil meiner Unentschlossenheit hängt damit zusammen, dass ich mir selbst nichts erlaube. Wer sich selbst wichtig nimmt, der stellt sich doch manche Fragen erst gar nicht.
  • Denke über die Anschaffung einer lauteren Präsenz nach.
  • Bisher hat mein krampfhaftes Mantra »Jetzt hab ich’s, jetzt hab ich Corona!« zuverlässig gegen eine Infektion geholfen. Und die Tatsache, dass ich das Haus leider so gut wie gar nicht verlassen habe.
  • Da hinten im Kopf sitzt sie, die kleine Sorge, und manchmal macht sie sich bemerkbar.
  • Live in the moment then let it go.

Über alberne Trinkgläser

Foto von mir, auf dem ich eine Perlenkette trage und ein albern geschwungenes Cocktail-Glas in der Hand halte

Ich trinke ziemlich selten Alkohol. Dass ich mich dafür immer noch ständig rechtfertigen muss: was soll’s. Der Verzicht bringt aber noch einen weiteren unschönen Aspekt mit sich, über den ich mich kurz aufregen möchte: Sämtliche meiner Getränkebestellungen werden mir immer in sehr albernen Gläsern serviert. Als wäre es ein Gesetz!

Die vermeintliche Demütigung beginnt bereits bei der Namensgebung alkoholfreier Cocktails: Virgin Mary, Nojito, Safer Sex on the Beach – da ist die Aufforderung direkt klar: »Bitte setz’ dich rüber an den Katzentisch«.

Aber gut, es müssen auch nicht immer gleich alkoholfreie Cocktails sein, denn dass die in albernen Gläsern serviert werden, ist Gang und Gäbe. Nein, auch weniger aufregende Getränke werden in merkwürdigen Gefäßen serviert. Ich habe es am eigenen Leibe erfahren:

Als ich in England lebte, kam ich um den wöchentlichen Pub-Besuch mit meinen trinkfesten Kollegen nicht umhin. Weil mir irgendwann die Schikane um meine Cola-Bestellungen so auf die Nerven ging, wechselte ich und orderte Radler. Das nennt man in England Shandy. Dieser etwas klebrige Name wurde vermutlich gewählt, damit Männer beim Aussprechen in ihrem fragilen Ego erschüttert werden, und es deshalb gar nicht erst bestellen. Dass ich mich so sehr darüber echauffiere, beweist, dass ich mich wohl auch selbst dieser Kränkung nicht entziehen kann. Männer trinken eben Bier. Wer Shandy bestellt, bekommt es garantiert in einem kurvigen Glas, mit Stiel und Deckchen. Und einem mitleidigen Blick der Arbeitskollegen, die kopfschüttelnd ihr Pint runterkippen.

Ist meine Männlichkeit also tatsächlich so fragil, dass ein witzig geformtes Glas ausreicht, um sie zu Bruch zu bringen? Wird mein Ego allein von einem Papierdeckchen so zerkratzt, wie es sonst nur ein Topfschwamm schaffen könnte? Das darf nicht sein! Ich habe nämlich überhaupt nichts gegen Extravaganz und Albernheit, auch bei Getränken und Trinkgläsern nicht. In Zukunft gilt: Ich behalte meinen Stolz, wenn mir meine kleine Cola wieder in einem Poco Grande Glas serviert wird, oder die Rhabarberschorle in einem Sling Glas daher kommt, oder das kleine Radler in einem Tulpenglas. Whatever works! Prost!

Tagebuchbloggen: 1/2022

Zeichnung des Autors der Tagebuch schreibt

1. – 9. Januar 2022

Der erste Tag des Jahres beginnt mit einem Spaziergang an der Spree. Vorbei am alten Magnet Club über die Oberbaumbrücke; die letzten Nachtgestalten flüchten nach Hause. Immer öfter sehe ich anstatt Freiheit und Abenteuer nur den Dreck auf den Straßen dieser Stadt, und frage mich, ob ich noch richtig hier bin.

Über die letzten Jahre immer mehr gelernt und perfektioniert: Die Fähigkeit, am Wochenende erst mal im Bett zu bleiben. Bis der Gedankenstrudel reinkickt – dann muss man schnell aufstehen und Kaffee kochen.

Magnetische Tage mit magnetischen Menschen.

Muss lernen, souveräner auf die Frage »Was war bei dir so los?« zu antworten.

Friedrichshain ist einfach ein fucking Labyrinth aus Kopfsteinpflastern; jede Ecke sieht gleich aus. Ich check’s nicht und es nervt.

Jemand hat mir ein Dick Pic als Linoldruck geschickt. Per Post. That’s the effort I expect from my fellow creative Gays!

»Auf einer Skala von 1 bis 10, wie sehr siehst du mich in der Zukunft als hochverschuldeten Penthouse-Besitzer?!«

2022 wird das Jahr, in dem ich modisch zu mir selbst finde, ganz bestimmt!

Im Kino gesehen: »Spider Man«. War genau so schön und unterhaltsam, wie ich ihn erwartet hatte. »Große Freiheit« von Sebastian Meise wiederum war atemberaubend. Unsicher, wann ich zuletzt so einen guten, intensiven Film gesehen habe.

“I don’t know what fall in love means. It’s not part of my world.” — Joan Didion, The Center Will Not Hold, Netflix

Im Dickicht

Habe keinen Geist mehr
Der mich treibt
Keinen Zweifel mehr
Der mich zerreißt 

Habe keine Last mehr
Die mich zieht
Keine Faust mehr
Die sich schließt

Nur noch der Rauch
Der nachts aus dem Dickicht dringt
Weist mir den Weg
Durchs Dunkel zu dir

052021: I Need a Camera to My Eye

Photo of a black notebook

Sitting on the train back home to Berlin, after a week at my parent’s home: the idea of my own pillow, my own coffee machine, my own trip to the super market makes me cherish the fact that I am a grown-up; that I only slip into the child’s role for a couple of days a year. I am very thankful for having a family that I can visit over the holidays—we do not argue about politics or vaccines or the Christmas menu. But I am also thankful that I have a life of my own, a life I can design the way I please. That fact that I can do things differently.

As the cities pass by the train window, I flip through my phone’s camera roll. The past year felt longer than usual; whatever happened in the beginning of 2021 appears to be two, three years ago. What is left of it? My brain can’t slice the year up into months anymore, everything gets blurry, and a couple of snapshots throughout the year help to cluster moments and events and ups and downs. What is a good way to make sense of your personal past? I have a messy way of keeping track of life: During the year I switch between various notebooks and note-taking apps, write lists and memories, organize a digital calendar, but everything is all over the place and hard to delve through. As a visual thinker, my camera roll really is the one place that keeps everything connected: A quick glimpse into the past that holds feelings, places, and faces. I wish I’d be less awkward in taking pictures—after all, they’re my extended memory. The smartphone itself doesn’t make me a cyborg; the camera roll does.

Then again: I am still a hopeless romantic when it comes to hand-writing, diaries and notebooks. For 2022, I bought a thick daily calendar, with the great intention to jot down one or two thoughts every day. Inward and outward looking, getting closer to what happens, finding my own language for everyday life, and making it my own.

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2021 wrapped: I designed a poster for Berlinale Talents. Together with Gabriel, I published a small fun book. I’ve been to the sea side, and I walked on the frozen canal. I lived off orange cake and ravioli and fancy lemonades. I wrote a lot less than I wanted, but my blog is alive and well—I still wish we would all go back to blogging and ditch Instagram and its lousy companions. I discovered great new music; just recently: Haruomi Hosono and Gilligan Moss. I read 16 books, and wrote four columns for form design magazine.

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As for 2022: All will continue. Make it yours as much as you can. Another year, another round, make it count.

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