
Genre-Beschreibungen haben sich für mich in den letzten Jahren verflüssigt und aufgelöst. Während es vor 20 Jahren noch einfach war, im Alternative-CD-Regal ein Shoegaze-Album am Cover zu erkennen, sind die heutigen tausendfach zersplitterten Sub-Genres und Wortschöpfungen sowohl seitens Artist, Producer, Label und digitaler Musikkataloge nur noch schwer zu navigieren. Ich brauche also andere Parameter, um neue Musik zu entdecken, wenn ich mich dabei nicht nur auf Algorithmen verlassen möchte.
Vor einiger Zeit bin ich von Spotify zurück zu iTunes bzw. Apple Music gewechselt. Die Gründe waren vielfältig: Das Spotify Interface war mir zu sperrig, die Plattform vermischte mir zu viele Medien, und der Fokus auf Vibe anstatt auf Künstler·innen ist nicht, was ich suche. Apple Music verkauft ein ebenso gurkiges und fehlerhaftes Interface, aber immerhin sitzt es bräsig auf meiner gut 20 Jahre alten Musiksammlung, die ich nach wie vor gerne höre, und gar nicht so viel neues brauche. Ich kaufe ab und an Alben von Künstler·innen auf Bandcamp, und die Möglichkeit, streamingfreie Playlists anzulegen und nostalgisch auf meinen iPod zu laden, füllt mich mit Glück.
Wie dem auch sei: Apple Music bietet die Funktion, Songinfos einzublenden, und verrät mir ohne viele Umwege, wer die Songs geschrieben, produziert und gemixt hat. Früher konnte ich mit diesen Infos wenig anfangen, aber heute habe ich immerhin ein paar Namen, die mir etwas sagen und mit denen ich etwas verbinde.
A. G. Cook ist einer davon. Bekannt vor allem als Creative Director, Produzent und langjähriger Kollaborateur von Charli xcx, hat er mit PC Music ein Musikgenre (»Hyperpop«) etabliert, das mich genau da abgeholt hat, wo ich mit Anfang 20 ausgestiegen bin: Elektronische, fast ironische Popmusik, die sich verquer (queer?) anhört und die auditiv als auch visuell und gestalterisch überpoliert ist. Seine eigenen Alben sind so flächig und detailliert, um gerade noch nicht im Hintergrund zu laufen, und dann setzen sie einem einen wochenlangen Ohrwurm ins Ohr.
Worauf ich eigentlich hinaus will: Unter anderem anhand dieser PC Music Armee hangele ich mich durch Veröffentlichungen, und erkenne Namen und Künster·innen wieder. Zuletzt: die französische Musikerin Oklou. Gerade hat sie ihr Debütalbum herausbracht: choke enough.
Das Album läuft seit Veröffentlichung bei mir ununterbrochen. Auch A. G. Cook hat zwei Tracks mitproduziert (thank you for recording und ict) – man hört das, und dennoch ist das Album ganz anders und nicht direkt Hyperpop. Eine mittelmäßig positive Musikexpress-Rezension beschreibt das Genre als Bedroom-Synth-Pop, und das trifft wirklich haargenau die Musik, auf die ich aus bin.
Oklou – choke enough
Release am 7. Februar 2025 auf True Panther Sounds
Anhören/kaufen auf Bandcamp