Was sind die großen Themen des Lebens? Was bleibt? Die Autorin Doris Dörrie antwortet auf die Frage, worauf es im Leben ankommt: genug geliebt zu haben. Und: seine Potenziale erkannt und ausgeschöpft zu haben. Das ist ein großes und schweres Ziel, finde ich. Die eigenen Potenziale zu erkennen braucht Zeit und Ressourcen, und auch Mentoren, die einem Mut zusprechen und Wege aufzeigen. Und gleichzeitig ist Mentor sein ja auch ein Potenzial, dass in einem schlummern könnte. Ich habe jedenfalls das Gefühl, meine Potenziale noch nicht so recht auszuschöpfen. Da geht noch was. Austin Kleon schreibt, dass man die Dinge nicht unbedingt in sich trägt, sondern eher in sich hinein lassen muss. Platz machen für Inspiration und Input, aber auch: Zeit schaffen dafür, dass sie wirken und eine Form annehmen können. Ein Buch schreibt sich nicht von innen heraus. Ein Bild malt sich nicht in mir drin. Es muss ja auch erst mal in mich reinkommen. Die Muse kommt im Akt der Kreation, eine Erkenntnis, die ich seit letztem Jahr sehr bewusst mit mir herum trage. Wird also Zeit, ein wenig mehr Zeit und Raum mit ihr zu verbringen.
Januar-Liste 2025
- Breaking my silence: Ich liebe hartgekochte Eier! Warum habe ich so lange gebraucht, um diesen tollen Snack endlich wertschätzen zu können?! Ich esse sie gerne Mittags zu einer dicken Scheibe Käsebrot, mit Salz und einer halben, fein geschnittenen Gurke. Cöstlich!
- Bin in letzter Zeit außerdem besessen von Soba, japanischen Nudeln aus Buchweizen. Sie begegnen mir in Podcasts und Romanen, und ich bin sicher: in wenigen Monaten wird man sie vermutlich überall für viel Geld in Berliner Restaurants bestellen können.
- Das Schöne am Winter: wenn es nachts dunkel ist in meiner Wohnung, wirft der Mond sein Licht in den Schnee auf der Terrasse, und taucht mein Zimmer in ein weiches Leuchten.
- »Leider kann man hier keinen Elan kaufen«, sagt P., während wir durch den Künstlerbedarfsladen in der Gottschedstraße schlendern.
- Alle paar Jahre lasse ich neue Fotos von mir machen. Ich sehe mein Gesicht, und das Gesicht auf den Fotos von vor fünf Jahren, und wie sehr sich fünf Jahre bemerkbar machen. So ist es wohl.
- Montag Nachmittag. Eine Frau heult in der U-Bahn in ihr Telefon: »Ich bin echt wieder bereit fürs Wochenende!«
- M. nimmt an einem Schnellschach-Turnier teil. Die Teilnehmenden halten verkrampft ihre Hände über die Spielbretter. Das sei die notwendige Handhaltung beim Schachspielen. »Manchmal, wenn man die Spannung hoch genug hält, schwebt einem die Figur sogar zwei oder drei Zentimeter entgegen«, schreibt er mir.
- Wenn nun die digitalen sozialen Netzwerke in sich zusammenfallen, können wir uns endlich wieder auf unsere Offline-Communitys konzentrieren. Ich besuche einen Publix Thursday (sehr empfehlenswert!), treffe einige bekannte Gesichter, und bin dankbar für dieses Netzwerk aus sehr schlauen und sehr guten und sehr echten Menschen.
- Mehrmals am eigenen Leib erfahren: Bei all dem politischen Desaster und der mehr als schiefen Weltlage hilft: Mit Freunden sprechen, und zwar auch über die krudesten Sorgen und Ängste, und auch, wenn sie lächerlich scheinen. Sie aussprechen und sich ernst nehmen, das hilft immer.
- Generell hilft: In die Sonne schauen, so oft es geht. Die ist so hell, dass man alles andere für einen kurzen Moment nicht mehr sieht.
Übrigens: Diese Listen gibt es als Newsletter: Fakten und Mirakel.
Zock Zock Zock Zock
Am Silvesterabend stand ich am Fenster und blickte auf die Straße: Gegenüber war eine kleine Gruppe aus Teenagern am Böllern. Ein Mädchen, vielleicht elf oder zwölf Jahre alt, führte die Gruppe an. Sie trug eine weite Daunenjacke und hatte schwarze Haare. Immer wieder, wie aus dem Nichts, zückte sie eine Pistole und ballerte damit in die Luft. In schnellem Rhythmus, fast wie ein Maschinengewehr, zock-zock-zock-zock-zock. Wer produziert sowas – ein Gerät, das Pyrotechnik in Form einer Waffe in Sekundenschnelle abfeuert?
Hier auf der Hauptstraße, direkt neben dem Supermarkt, gibt es einen Waffenladen. Im Schaufenster stehen riesige Macheten, Butterflys, Nahkampfmesser, vor allem aber auch Schreckschusspistolen und Gewehre in sämtlichen Formen und Größen. Der Laden ist immer ganz gut besucht, wohl, weil er auch Zigaretten verkauft. Vielleicht nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die Clique aus meinem Haus gegenüber dort eine richtige Knarre gönnt, und sie nachts einem scheuen Teenager an die Brust hält, um ihm sein Handy abzuziehen. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht ist einfach nur Silvester.
Dezember-Liste 2024
- Im Kino frage ich den Mann in der Reihe hinter mir, ob mein Kopf in seinem Blickfeld sei. »Ach, wenn er stört, mache ich ihn einfach ab!«, lacht er.
- Was ich wirklich liebe: Wenn meine Freunde für mich einkaufen. Es ist wie eine kleine Wundertüte, die man da bekommt. Unentdeckter Süßkram; nie zuvor gesehene Fertigprodukte; Obst, das man sich niemals kaufen würde. Ich kann es nur empfehlen: Überrascht eure Freunde mal mit einem ganz normalen Einkauf!
- Schlesisches Tor: Ich steige aus der Bahn und sehe, wie ein junger Mann auf den Zug klettert. U-Bahn-Surfen geht an diesem Hochbahnhof besonders gut; es herrscht sowieso immer Chaos und niemand interessiert sich für irgendwen. Alle gucken nur, ein paar Leute filmen ihn. Der Zug fährt an, und ich schüttle nur den Kopf. Manchmal geht es nicht anders, in dieser Stadt.
- M. drückt mir einen roten Umschlag in die Hand, darin ein Brief: Er bedankt sich für sein neues Tattoo, das ich ihm gezeichnet habe, und für unsere Freundschaft. Briefe sind das beste, und Freunde wie M. erst recht!
- Ich beschwere mich darüber, dass mein Kopf nachts immer so friert. P. hat die naheliegende Idee, es doch mal mit einer Schlafmütze zu probieren. Eine Schlafmütze?! Ich sehe mich vor meinem geistigen Auge, verkleidet als Onkel Fritz aus Max und Moritz, und verzweifle. Aber die Eitelkeit hat keinen Platz in meinem Bett. Ich werde es versuchen!
- Ich blättere durch mein Notizbuch, und immer wieder, über das ganze Jahr hinweg, finde ich kleine Cluster, die betitelt sind mit »alles in meinem kopf«, »was gerade los ist«, oder »jetzt«. Darunter folgt dann eine große Aufzählung an Dingen, die ich noch machen muss, die mich gerade beschäftigen, die mir Sorgen bereiten, die mich glücklich machen. Diese kleinen Berge an Gedanken irgendwo abladen zu können, sich nicht davor zu scheuen, sie in Worte zu fassen – das hilft marginal. Sie nochmal zu lesen und zu merken, dass alles eigentlich immer nur halb so wild ist, das hilft dann wirklich.
- Im Zug durch die Schweiz. Die Gleise führen direkt am Ufer des Thunersee entlang. Friedlich und kalt liegt er da, sein Horizont zerfranst im Nebel.
- Im Internet sehe ich ein Meme, auf dem ein Typ sassy auf seinem Motorroller sitzt und entspannt durch die Straßen fährt. Im Titel: »Me heading into 2025 unchanged, because I was never the problem.«
2024 in Büchern
- Isabel Bogdan – Laufen ★★★★☆
- Cal Newport – Deep Work ★★★★☆
- Cal Newport – Digital Minimalism ★★★★☆
- Ewald Arenz – Alte Sorten ★★★★★
- Matt Haig – The Midnight Library ★★★☆☆
Das perfekte Buch, um es in der Ferienunterkunft im Schrank zu finden und am Strand zu lesen, weil man alle mitgebrachten Bücher schon durch hat. - Kamila Shamsie – Best of Friends ★★★★☆
- Kevin Nguyen – New Waves ★★☆☆☆
Das Buch hat eine super Story Idee, die der Autor dann ab dem zweiten Drittel leider komplett verworfen hat. Leads nowhere, leider. - Daniel Schreiber – Allein ★★★★★
Ich habe mich oft wiedergefunden in Schreibers Essay. Nur dieses Phänomen, dass man als Schreibender irgendwie irgendwann das Wandern für sich entdecken muss, nervt. Aber vielleicht komme ich ja selbst noch an diesen Punkt. - Amor Towles – Ein Gentleman in Moskau ★★★☆☆
- Caroline Wahl – 22 Bahnen ★★☆☆☆
- Stephan Schäfer – 25 letzte Sommer ☆☆☆☆☆
Zielgruppe: Leute, die sich Kalendersprüche von ChatGPT erstellen lassen und dann in ihrem WhatsApp Status teilen. Mal wieder ein Beweis dafür, dass Bestseller-Listen überhaupt keine literarische Aussagekraft haben. - Fridolin Schley – Schwimmbadsommer ★★★☆☆
- Satoshi Yagisawa – Days at the Morisaki Bookshop ★★★☆☆
- Robin Sloan – Moonbound ★★★★★
Sci-Fi für Leute, die zwar Computernerds aber sonst eigentlich keine großen Sci-Fi-Enthusiasten sind (→ ich). - Susanna Clarke – Piranesi ★★★★★
Das ist es! Mein Buch des Jahres! Es kommt als Fantasy-Buch daher, aber eigentlich ist es das wirklich gar nicht. - Christopher Isherwood – Goodbye to Berlin ★★★☆☆
Im kommenden Jahr werde ich mir womöglich eine Alternative zu meinem literal-Account suchen müssen, weil ich die Vermutung habe, dass die Plattform nicht mehr weiterentwickelt wird?! TheStoryGraph scheint die naheliegendste (und Amazon-fernste) Alternative zu sein. Mal sehen! Bis dahin habe ich hier eh noch einen guten Stapel an Büchern durchzuschmökern.
Meine Top- und Flop-Anschaffungen 2024!
Ein weiteres Jahr des Konsums geht zu Ende. Auch ich habe dieses Jahr wieder viel geshoppt!
Kleiner Scherz. Ich glaube zwar an Retail Therapy, aber ich gebe mich ihr nur sehr selten hin. Meine Lust an elektronischen Gadgets etwa habe ich komplett verloren. Kleidung zu kaufen finde ich schwierig, weil alles für Männer nur blau und schwarz ist, und nachhaltige, hochwertige Kleidung recht teuer ist (zurecht). Ich versuche immer erst mal, Dinge gebraucht zu kaufen; aber auch das ist oft nicht einfach. Am Ende kaufe ich dann meist gar nichts, was entweder dazu führt, dass ich das ursprüngliche Kaufbedürfnis vergesse, oder dass sich Dinge einfach nicht regeln (deshalb hängt in meiner Wohnung zum Beispiel immer noch die ein oder andere nackige Glühbirne; ich finde einfach keine passende Leuchte).
Ein paar High- und Lowlights im Konsumjahr 2024 gab es bei mir aber dennoch:
Blödeste Anschaffung: Die elektrische Zahnbürste
Auf Empfehlung meiner Zahnärztin bin ich von meiner geliebten Handzahnbürste auf ein elektrisches Modell gewechselt. Seitdem graust es mir vor dem täglichen Reinigungsritual: Dieses unangenehme Surren des Bürstenkopfes, dessen Vibration bei jeder Berührung den ganzen Schädel wackeln lässt – uaarggh. Aber was soll’s, nun hab ich sie. Mal sehen, was die Zahnärztin sagt.
Beste Anschaffung: Ein riesiges Bett
Nach langem Überlegen, Ausmessen und Probeliegen habe ich mir ein neues, großes Bett zugelegt. Ein Upgrade von 140 auf 180cm macht beim Schlafen durchaus was her: Plötzlich kann man wie ein Seestern im Bett liegen, ohne dass irgendein Gliedmaß von der Bettkante baumelt. So ein Upgrade geht zwar ins Geld (neuer Bettrahmen, neuer Lattenrost, neues Kopfteil, neue Matratze!), aber es hat sich gelohnt und ich liege nun noch lieber im Bett als eh schon.
Komplett egale Anschaffung: ein neues iPad
Ich nutze mein iPad viel und ausschließlich zum Zeichnen, und weil mein sieben Jahre altes Modell so langsam müde wurde, habe ich mir ein neues gegönnt. Mittlerweile kann man den Stift elegant via Magnet an die Seite klemmen – das war’s aber auch schon an „Innovation“. Diese Dinger (wie fast alle Apple-Geräte) sind mir mittlerweile leider komplett egal und ich sehe sie als Werkzeug, die bitte ihren Job machen und ansonsten möglichst nicht im Weg sein sollten.
Im neuen Jahr muss ich mir aber dann wirklich ein paar neue Pullover kaufen. Drüben bei Mastodon habe ich dazu ein paar gute Hinweise bekommen; die fasse ich vielleicht irgendwann mal hier im Blog zusammen. Bis dahin empfehle ich euch, einen fast vergessenen Trend wieder aufleben zu lassen: Window Shopping! Dabei gibt man quasi kein Geld aus, und kann sich dennoch an vielen schönen Produkten erfreuen.
Dr. Schnarchenbergers schnelle Einschlafhilfen

Bild: Kissenstudien von Albrecht Dürer
Ich habe das Glück, selten unter Schlafschwierigkeiten zu leiden. Normalerweise falle ich rasch in einen tiefen Schlaf, der sich allmorgendlich pünktlich um 7.45 Uhr von selbst beendet. Einige meiner Freunde jedoch werden oft von Schlafstörungen, wachen Nächten und scheinbar undurchdringbaren Gedankenkreiseln heimgesucht.
Mein Instagram-Algorithmus schlägt mir (anstatt ihnen!) seit neuestem immer wieder halbwissenschaftliche und pseudekluge Einschlaftipps vor. Damit sich niemand sonst diese unsäglichen Reels angucken muss, hat Dr. Schnarchenbergers sie hier für die geneigte Leserschaft versammelt. Wir wünschen geruhsame Nächte!
Tipp 1: Zählen und Blinzeln
Begeben Sie sich in ihre übliche Schlafposition und schließen Sie die Augen. Zählen Sie nun langsam bis 30. Öffnen Sie anschließend für ca. fünf bis zehn Sekunden Ihre Augen – jedoch nur einen kleinen Spalt breit! Anschließend wiederholen Sie den Vorgang. Bis Sie eingeschlummert sind.
Tipp 2: Wörterdröseln
Auch hier starten Sie in Ihrer gewöhnlichen Schlafposition, mit geschlossenen Augen. Wählen Sie nun ein einfaches Wort, und stellen Sie es sich in großen Buchstaben vor. Etwa das Wort DISTEL. Nun beginnen Sie, zu jedem der Buchstaben jeweils drei Worte aufzustählen. DISTEL. D wie Dromedar, Dinkel, Druckluft. I wie Ingwer, Igel, Iserlohn. S wie Säbel, Schnaps, Schlafen. Und so fort. Das machen Sie mit immer neuen Wörtern – bis Sie schlafen.
Tipp 3: Tierische Achter
Machen Sie sich bettfertig. Augen zu! Wählen Sie nun einen Buchstaben des Alphabets, etwa M. Nun beginnen Sie, zu zählen. Bei jedem Achterschritt (8, 16, 24, 32, 40, 48, etc.) halten Sie inne – und denken an ein Tier mit dem Buchstaben M. Marder! Zählen Sie weiter (… 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16!), M!, Meerschweinchen. Und so fort. Das funktioniert natürlich auch mit Pflanzen, Dingen, Städten, Ländern, oder Flüssen. Aber Achtung: Mache Sie es sich nicht zu kompliziert.
Schöne Träume wünscht Ihnen
Ihr Dr. Schnarchenberger