Dezember-Liste 2022

Collage von Fotos aus dem Dezember 2022

  • Dezember: Der Nickerchen-Monat. Mehrmals steht im Tagebuch einfach nur »Ich bin müde«. War ich auch: Umzug, überall ständig hin und her rennen, Dinge kaufen, Dinge streichen, Dinge umräumen. Aber alles auch sehr schön, so im Nachhinein. Also, sehr zielführend. Und das ist doch schonmal was.
  • Einmal täglich durch die neue Wohnung laufen und nicht ganz wahrhaben können, dass ich hier jetzt lebe. Es ist so eine Art Wohnung, die ich mir selbst nie erlauben würde: All diese Features, das haben doch sonst nur Leute, deren Leben man auf Instagram beneidet. Nicht Leute wie ich!
  • Die Müdigkeit hält an.
  • Seit langem mal wieder das sehr unbekannte Gefühl von Allein-sein verspürt. Und gemerkt, dass ich das Glück habe, dieses Gefühl sehr schnell beseitigen zu können.
  • Beim Umzug gemerkt: Eigentlich echt schön, wenn einem Leute helfen. Gleichzeitig ist mein Monatsfazit, dass ich mich immer noch extrem schwer damit tue, Hilfe anzunehmen, in allerlei Hinsicht.
  • Mitten im Dezember fällt mir, mitten in der Nacht, die Decke auf den Kopf: Doom Scrolling, Corona, Krieg, Klima, sämtlicher Mut verlässt mich. Zur Beruhigung schmiede ich einen Plan, um irgendwie damit klar zu kommen (Der Plan besteht aus einer Liste mit Punkten wie »Geld spenden« oder »Filmabend machen«, na ja).
  • Ich war bei einer Lesung, in der Bibliothek direkt bei mir um die Ecke. Mein Freund Paul Bokowski hat seinen ersten Roman »Schlesenburg« veröffentlicht.
  • Im Dezember: Viele Bauchgefühle.
  • Seit langem mal wieder einen Newsletter geschrieben. Das tat überraschend gut, warum mache ich das nicht viel öfter?! (Hier geht’s zur Anmeldung.)
  • Auf der Fahrt nach Österreich zieht die Welt an mir vorbei: Berge, Täler, Schnee, Gespräche. Ich will eine Woche nur noch schlafen, ein ganzes Jahr am liebsten; my year of rest and relaxation.
  • Silvester verbringe ich in Bad Gastein, stehe seit vielen Jahren mal wieder auf Skiern. Zumindest kurz. Ich kann es noch, merke ich, aber ich brauche das nicht. Die Fahrt macht Spaß, aber all das nervige Drumherum ist es einfach nicht wert.
  • Zum ersten Mal wird in den Nachrichten ernsthaft über den ausbleibenden Schnee in den Skigebieten berichtet; magere Pisten und grüne Hänge werden gezeigt. Den Leuten scheint es zu dämmern, aber ich weiß nicht, ob das reicht.
  • Zum Jahresende ist dann wirklich sehr doll die Luft raus. Es war insgesamt ein sehr positives Jahr für mich, aber es hat mich irgendwie extrem angestrengt. Die nächsten fünf Jahre darf von mir aus jetzt erst mal überhaupt nichts aufreibendes mehr passieren.

Strong Body Strong Soul

Selfie von mir vor dem Spiegel, in einem blassgelb gefliestem Badezmmer

Ich stehe in dem blassgelb gefliesten Badezimmer und mustere den nackten, mageren Köper, der mir missmutig und kritisch entgegen schaut. Die Haut wirkt fleckig und ungesund, was sicher zu einem Teil den gelben Fliesen, zum anderen Teil aber auch am Körper selbst liegt. Das filigrane Nervenkostüm schimmert durch die Haut; schlaff und rissig ist es nach den vergangenen Jahren. Kaum mehr Muskeln. Die Rippen zeichnen sind ab. Das soll sich alles ändern im neuen Jahr. Ich will wieder hot werden! Das Nächste Jahr ist für die Fassade da. Das wirkt dann ein, sage ich mir – Strong body, strong soul. Ich will zehn Kilo zunehmen, und möglichst viele dieser Momente vermeiden, in denen ich zu nervös bin um zu essen, mich zu beobachtet fühle für meine Routinen; ich will mich in 2023 vollkommen den Kilos zuwenden und gestählt und gestärkt daraus hervor gehen. So der Vorsatz. Der Rest kommt dann von ganz allein.

022022: Books from Boxes

Drawing of me underneath a lot of moving boxes

I am sitting in between towers of moving boxes, filled with my clothes, my books, my stuff – just so much stuff that needs to change coordinates with me. I am moving! Well, I did—that’s what I spent the whole November and December with. Packing things up in boxes is a cathartic process. I wasn’t able to get rid of as many things as I wished, but eventually, I took this as a sign that I am already surrounded by the things I love, and I want to keep them. Ok, most of them.

Finding space for all this life within a new place is a long and exhausting (and sometimes also expensive) process, and every once in a while, I need to remind myself that this is all fun and I am doing it for me and I finally get to decorate and design everything exactly the way I want to. I cannot help but wonder: Is it more difficult to chose a wall color when you’re a visual thinker; an aesthete? Shouldn’t it be easier? Maybe I am just a slow decision maker, and that’s ok, too. I’ll get there.

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As 2022 comes to an end, let’s briefly look at the hard facts and feelings:

I moved into a new apartment, which was an unbelievable (the apartment is perfect!) and stressful (I have not done this in quite a while!) process. However, I am here now, lurking out of all those boxes that still need to be unpacked. Home makes me very happy and thankful.

I had several teaching jobs in 2022: Web design at Merz Academy, my annual Writing = Design workshop week with Sonja, and a whole semester’s course at UdK on writing about illustration. All these jobs were completely different, but I got the chance to find out that a) I want to do more of it, and b) I developed a better understanding for how my style of teaching and working with students could work. Now, let’s see where it fits in.

In July, we founded our cooperative: Village One. Since then, we’ve been talking to other coops, thought a lot about our company approach, and obviously did some work, too: For example, we helped Neue Narrative to rebrush their website, we teamed up with Cobot to do a big research project, and we work closely together with Publix, a new house for Journalism in Berlin; building their digital infrastructure. I definitely enjoy the variety, but I sometimes miss the office buzz you normally get with a company. Working remotely and alone at home as a freelancer is fine, but teaming up with others feels different when you meet at the kitchen table. Anyway, a lot is planned for 2023 with Village One; follow us if you’re curious. We’re also looking for a designer to join the team!

I continued writing my little column for the form design magazine: This year, I wrote about the cloud (295), desktop publishing (296), buttons (297) and phone sex (298). You can see some videos about the columns on my Instagram, and buy the magazine online.

Both writing and drawing exercises felt a little thin this year. I miss it, but other big projects occupied my desk. However, I did write my monthly diary recaps on the blog (find them here) and I was involved in two book projects: For Lorenz Meyer’s “Kreuzfahrt durch die Republik” I drew cover + portraits, and for Gabriel Yoran’s new Genussbuch »Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Dressing draus« I drew the cover and some spots. Next year, I want to make something just for myself. More depth, less instagram.

What else? I travelled places! I am not a traveller, it makes me nervous and I find it so exhausting that I forget about the beauty and the new input I bring home with me. I went to Vienna (I love you!), I spent my time in pools and restaurants in Greece, I went to Rome and ate all the things. It was nice. Let’s say it like that: I am not into traveling, but I do enjoy a nice vacation. Find me at the pool.

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As December’s days rush by so quickly, another year is put to the archives. Boxes, archives, folders – how are these the symbols of my year?! Sorry that this letter turned into some work-focussed yada yada, with little wisdom and no new year’s predictions from within my crystal ball. Current times are so wonky, I decided to avoid outlooks and be more here, in this tower of boxes—in this slice of air and time.

I haven’t written this letter in a while, but it feels good to be back at it. How has your year been? What comes next? Send me a reply, if you like, or we’ll find each other in other ways in the next year; it’s almost there. Another year, another round, make it count.

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November-Liste 2022

Foto-Collage für en November 2022

  • Vom Leben gelernt: Frag niemals einen Innenarchitekten, welche Fliesen er dir empfiehlt. Er zeigt dir nämlich die schönsten, teuersten, und dann hast du keine andere Wahl mehr. Am Samstag stand ich dann im Fliesengeschäft, erklärte meine Wünsche, und von der Verkäuferin kam nur schmunzelnd: »Ja, schön, da haben Sie sich für die oberste Preisklasse entschieden.«
  • Mit Kristina in Coworking-Spaces abzuhängen fühlt sich magisch nach 2010 und up.front und CoUp an, mir wird ganz warm ums Herz dabei.
  • Der November war irgendwie für alle und alles der Dammbruch; viele Tränen und viel Erleichterung und viel Bewegung in allen Dingen. Fast ausschließlich schöner Stress, hätte nicht gedacht, dass der in diesem Jahr nochmal ins Positive umschwingt.
  • Generell schön: Wenn sich andere Leute erlauben können, vor mir zu weinen.
  • Mit Martin über Arbeit reden fühlt sich eher an wie über das Leben reden, im besten Sinne, und ich hätte gerne noch viel mehr von diesen Gesprächen mit ihm.
  • Im November nochmal meine Vorliebe für bodenständige, mittelmäßige Restaurants entdeckt. Es gibt immer einen Platz, eine übersichtliche Karte, keine Warteschlangen und das Personal ist meist freundlich. Mehr Mittelmäßigkeit wagen!
  • Mitten im November fand ich mich auf einer Party wieder, auf der es ausschließlich Gin Tonic gab. Als meine Frage nach einem alkoholfreien Getränk verneint wurde, bin ich recht bald gegangen. Gut zu wissen, wo man einfach nicht hingehört; das spart allen Zeit und schont die Nerven!
  • Ein Wochenende in Hamburg: Im schrulligsten Hotel gewesen, in der Oper, in einer angenehm ruhigen Hotelbar und in angenehm leeren Zügen.
  • Kleine Empfehlung zwischendurch, aus gegebenem Anlass: Lasst dann und wann eure Muttermale und Leberflecken untersuchen. Es erspart einem womöglich böse Überraschungen und schlaflose Nächte (die Entwarnung hat sich Zeit gelassen!)
  • Im Tagebuch fehlen ganze Tagesstrecken. Das lag vor allen an einer Sache: Umzug. Ich habe mein Leben in Kartons und Kisten gepackt. Bye bye Berlin, oder zumindest Neukölln, 13 Jahre war ich hier, und jetzt ziehe ich weiter: In den Wedding! Habe gehört, der kommt …
  • Ich streiche die neue Wohnung: Rosa und grau und blau und vielleicht auch irgendwann noch grün. Mein Rücken schmerzt und meine Brille ist von Farbflecken nur noch schwer zu befreien, aber es macht Spaß, diese traumhafte Wohnung zu meiner zu machen. Obwohl großes Chaos herrscht, laufe ich regelmäßig wie wild auf und ab und freue mich über mein Glück und diesen neuen Ort.
  • Wären die vielen schönen Nachrichten und Telefonate nicht gewesen, hätte ich ihn fast vergessen, den Geburtstag. 31. Und schon ist er wieder vorbei. Weiter geht’s.

Archivalien: Mobile Blogging

Eine Hand, die ein iPhone 3G (2009) hält, auf dem die erste mobile Seite von christowski.de zu sehen ist

Habe neulich dieses Foto wiedergefunden: Mein erstes iPhone, die 2. Generation (3G) aus 2009. Ich war so aufgeregt über mobiles Internet, dass ich kurzerhand diese komplette Seite von WordPress nach Tumblr umgezogen habe, um eine ordentliche mobile Blogging-Plattform zu haben.

Von unterwegs bloggen mache ich, wenn überhaupt, auch 13 Jahre später immer noch am liebsten am Rechner, und das Blog hier läuft mittlerweile auch wieder ratternd auf WordPress, aber es war eine aufregende, coole Zeit, und ein wirklich cooles Gerät.

Oktober-Liste 2022

Foto-Collage für en Oktober 2022

  • Warum ist zeichnen so anstrengend?! Sobald ich einmal im Flow bin, ist es easy und macht Spaß, aber hineinzukommen in den Flow, das ist echt schwierig manchmal.
  • Den ganzen Monat über finde ich das Arbeiten im Home Office irgendwie zäh und anstrengend. Überall ist Ablenkung, und weil die Gespräche an der Kaffeemaschine wegfallen, erwartet man irgendwie von sich, doppelt und dreifach so lange zu arbeiten wie in einem Büro. Das ist doch Quatsch.
  • Wenn ich zu viel über die Lage der Welt nachdenke, wird mir übel. Ich nehme mir aber fest vor, nicht in heillosen Pessimismus zu verfallen, vermeide Nachrichten und Doom Scrolling und flüchte mich ab und an in die heile Welt auf TikTok. Macht nicht unbedingt glücklicher, aber lenkt ab.
  • Weitere Strategie gegen Weltschmerz: Make good memories!
  • Habe mich endlich überwunden, mal wieder Schwimmen zu gehen. Das kältere Wasser der Schwimmhallen ist nicht so schlimm, und die Tatsache, dass ich nur Brustschwimmen und nicht Kraulen kann, habe ich elegant überspielt (durch wildes Plantschen). Ansporn dafür war das Buch »Bahnen ziehen« von Leanne Shapton, das mir Nina geschenkt hat. Hat Spaß gemacht – das Lesen und das Schwimmen!
  • Bei jeder Impfung wieder dankbar, dass wir in einem Land leben, in dem das einfach so geht, und dass ich in einer Bubble lebe, in der alle das Angebot nutzen.
  • Hatte im Oktober auch einen herrlich grotesken Chaos-Moment, und ich kann immer noch darüber und über mich lachen. Der beste Witz bin immer noch ich selbst!
  • Ist man mit nur noch einer halben Augenbraue noch ein ganzer Mann?!
  • Wirken immer noch Wunder: Sofasonntage (wie hier im Christowski Blog schon 2014 beschrieben).
  • Mal wieder gemerkt: Zeichnen kann ich, malen dafür absolut überhaupt und rein gar nicht. And that’s okay!
  • Beim Beobachten anderer Leute immer wieder gedacht: Ich wünschte mir, ich wäre so gut darin, Platz einzunehmen, laut zu sein, nicht zu sehr darüber nachzudenken was andere stören könnte. Einfach mal einen Döner im Kino essen, why not! Wer sich zu sehr daran stört, sagt dann schon was.
  • Apropos Kino: Triangle of Sadness von Ruben Östlund. Hard to watch, aber auch sehr, sehr gut.
  • Nach 10 Jahren mal wieder im LUX gewesen und auf genau die Menschen gestoßen, die vor 10 Jahren mit dem LUX aus meinem Leben verschwunden sind.
  • Zwischendrin mal wieder das gemacht, was ich sehr mag und gut kann (Websites bauen) und dabei gemerkt, dass ich immer noch Freude daran habe. Das hat gut getan.
  • Kontrovers: Ich bin Team Zeitumstellung! Ich liebe diese eine Stunde im Herbst, die einem geschenkt wird, und die den ganzen Tag so schön zähflüssig macht.

Heartstopper

Jedes Mal, wenn ich eine der vielen Coming-of-Age Serien auf Netflix fertig schaue, denke ich mir: »So, jetzt bin ich aber durch mit dem Thema. Ich bin raus aus dem Alter!« Und trotzdem hat mich natürlich die Serie Heartstopper, die im April veröffentlicht und extrem positiv rezensiert wurde, gekriegt. Basierend auf Alice Osemans Comics erzählt sie eine klassische High-School-Lovestory, aber aus queerer Perspektive: Charlie verliebt sich in den Rugby-Stud Nick, und im Laufe der Serie merkt der – neben vielen anderen schönen Handlungssträngen – dass er vermutlich nicht nur Mädchen gut findet.

Die Serie ist so warm und wholesome, dass ich sie mir immer wieder ansehen kann. Beim neulichen Rewatch blieb ich erneut an der Coming-Out-Szene von Nick in der letzten Folge hängen. Während die anderen sieben Folgen einfach puren Wohl- und Mitfühl-Faktor haben, verdrückt man bei der Szene dann doch die ein oder andere Träne, besonders bei der Reaktion der Mutter (gespielt von Olivia Coleman): »Thank you for telling me! I’m sorry if I ever made you feel like you couldn’t tell me that.« Sie ist ein hervorragendes Beispiel, wie Eltern auf das Coming-Out ihrer Kinder reagieren können. Ich kenne mehrere bisexuelle Männer, die sich einfach nicht outen, weil Hetero-Beziehungen eben die gesellschaftlich akzeptierteren sind. Die Angst davor, in eine Ecke gedrängt und nicht ernst genommen zu werden, überwiegt.

Ich frage mich manchmal, wie es ist, heute als queerer Teenager in die Schule zu gehen: In einem Umfeld, in dem alle Zugriff auf Serien wie Heartstopper haben, in dem es viele geoutete Prominente gibt – ist da alles einfacher? Oder gibt es eben immer noch die Nerds, die Queers, die Studs, und Sexualität funktioniert nach wie vor nur in konservativen Modellen? Ich hoffe einfach, es ist nicht so, und dass positive Erzählungen wie Heartstopper es queeren Jugendlichen heute etwas einfacher machen.