Am 26. Februar 2024 starb der Dramatiker und Regisseur René Pollesch. Zu früh, wie es so oft ist. Auf 3Sat kann man eins seiner berühmtesten Stücke nochmal ansehen: Kill Your Darlings – Streets of Berladelphia.
Die besten Szenen werden Sie heute Abend nicht sehen, denn die würden wir alle nicht ertragen. Deswegen heißt der Abend »Kill Your Darlings«.
Fabian Hinrichs und sein Turner-Chor, das »Netzwerk«, hasten durch so viele Themen, die einen mit Anfang 20, und vielleicht auch noch das ganze restliche Leben beschäftigen. Den ewigen Ohrwurm dazu habe ich hier schon 2012 gebloggt.
Ich bin wirklich kein Theaterkenner – es ist eins dieser Dinge, die ich eigentlich liebe, aber viel zu selten tue, weil es teuer ist, oder aufwändig, oder mir eine gewisse Orientierung darin fehlt. Aber zu Beginn der 2010er Jahre war ich oft in der Volksbühne. Einige von Polleschs Stücken habe ich mehrmals gesehen, Roman hat phasenweise nur in Pollesch-Zitaten gesprochen, und Nadine hat immer für alle Karten gekauft. Wir waren damals Studenten; es war günstig ins Theater zu gehen, und in der Volksbühne wussten wir irgendwann, was uns bei welchen Regisseuren erwartete.
Bei Pollesch wusste ich: Es wird bunt und witzig, und gleichzeitig theoretisch und komplex. Es ging immer tief, aber kurz bevor man aus Verwirrheit abgeschaltet hätte, lief ein Popsong, oder es explodierte irgendwas, oder ein riesiger Fisch wurde aus dem Bühnenturm herunter gelassen. Es begann schon bei den witzigen Titeln der Stücke: »Du hast mir die Pfanne versaut, du Spiegelei des Terrors!«, oder »Ich schau dir in die Augen, gesellschaftlicher Verblendungszusammenhang!«, oder »Herein! Herein! Ich atme euch ein!«. Bei allen Stücken habe ich irgendetwas mitgenommen. Am meisten vermutlich bei »Don Juan«, in dem Pollesch die Liebe und das Lieben seziert (ich war Anfang 20, natürlich hat mich das abgeholt!). Vermutlich hat mich kein Stück so geprägt wie dieses.
Man kommt nicht, ohne sie zu spielen, an die Liebe heran. Du musst schon irgendetwas machen, das wie Liebe aussieht, und dann liebst du auch. Das kommt nicht tief aus dir drinnen. Wenn man aufhört, die Liebe zu spielen, ist sie weg.
Ich wünschte, all diese Stücke wären in irgendeiner Mediathek verfügbar. Oder würden nochmal aufgeführt. Aber ich habe keine großen Hoffnungen. Der Rewatch von Kill Your Darlings war jedenfalls ein harter Wurf zurück in die Vergangenheit, in meine Zeit als Student, und in die Zeit, in der wir alle das Gefühl teilten: Es reicht doch nicht. Da fehlt doch was. Es reicht! Doch! Nicht!
Das hier war nicht für euch. Es war immer für uns. Macht es für euch! Zwei, drei, vier! AAHHHHHHH!
Kill Your Darlings (Volksbühne 2012) in der 3Sat Mediathek.