Der Knacks

knacks

Noch vor einigen Monaten habe ich mir ausgemalt, wie ich nach der Pandemie meinen Freunden und Freundinnen in die Arme falle – zu lange konnten wir uns nicht nah sein. Ich habe mir vorgestellt, wie ich erleichtert und ohne Hemmungen in einer Menschenmenge in einem Konzertsaal stehe, wie ich beherzt an den Haltegriff in der S-Bahn greife, oder mit Freunden eine große Portion Pommes esse (ohne Besteck, alle mit den Fingern rein!). All das wird wieder erlaubt und möglich sein, es ist absehbar.

Aber der Punkt der Euphorie ist überschritten. Es gab einen Knacks. Die Leichtigkeit der Vorfreude ist weg. Das Unnormale dauerte zu lange an, ist normal geworden; ich habe mir das Unbehagen einverleibt. Selbst meine Impf-Begeisterung ist ob der Hektik und Ungeduld der Massen getrübt; es wird, neben der Erlösung, vor allem ein eiliges Gerangel um einen Termin bei irgendeiner Hausärztin im Nirgendwo sein. Woher das Narrativ eines magischen Rituals in meinem Kopf kam, das die Pandemie mit einem glanzvollen Feuerwerk für alle beenden würde, weiß ich nicht. Ich hatte wohl zu viel Zeit, es mir auszudenken.

Aber statt Feuerwerk gab es diesen Knacks, vor einigen Monaten schon. Krrck. Knack. Womöglich werde ich nie wieder eine Türklinke berühren. Immer einen Schritt zurück weichen wenn mich jemand anspricht. Immer Abstand halten wollen müssen. Manches davon ist okay, Händeschütteln können wir meinetwegen für immer sein lassen. Aber meine Freunde würde ich gerne ohne eine Schere im Kopf umarmen. Nach einem Jahr ist alles viel weiter voneinander entfernt – erst physisch, jetzt auch psychisch. Knacks, und wenn wir nicht aufpassen, treibt alles auseinander.