Superman

Slip of Superman in a tree

Im Baum vor meiner Küche hängt ein Schlüpfer! Ich habe ihn bemerkt, als ich am Fenster stand und in den Innenhof starrte; ja, da bemerkte ich ihn, wie er sich lose zwischen den Ästen verfangen hatte, direkt auf der Höhe des zweiten Stocks, direkt vor meiner Nase.

Wenn ich ganz nah ans Fenster gehe, kann ich ihn genauer inspizieren: Es ist ein Herrenslip – aber nicht irgendeiner. Er ist blau, mit weißem Bund, und auf der Vorderseite prangt ein großes, rot-gelbes S. Es ist der Slip von Superman! Ich erkenne es genau! Superman muss ihn hier in der Kiefer verloren haben – und das wirft natürlich die Frage auf: Was ist hier geschehen?!

War Superman zu Gast bei der Frau im 4. Stock, musste dann, um nicht in flagranti beim Liebesspiel erwischt zu werden, aus dem Küchenfenster flüchten – und hat sich dabei im Baum verheddert? Geistert nun ein schlüpferloser Superheld durch die Welt, in commando?!

Oder anders: Womöglich hatte Superman einen wichtigen Auftrag im 3. Stock, aber der Hauszugang war abgeschlossen (gut so; die Ratten!), und so musste er den Baum hochkraxeln? Keine leichte Aufgabe, denn Kiefern sind stachelig und unbequem – womöglich ist ihm da, im Eifer des Gefechts, einfach die Unterbuxe hängengeblieben?

Meine dritte Theorie: Superman wohnt hier im Haus, und durch das offene Küchenfenster hat die diebische Elster, die sonst in der Kiefer haust, sich schnurstracks den frisch gewaschenen Slip gekrallt. Dann hat sie gemerkt, dass er nicht passt, und wie man das in Neukölln so macht, hat sie ihn einfach weggeworfen. Nun hängt er da, unerreichbar für seinen eigentlichen Besitzer.

Aber gut – vielleicht ist es damit auch einfach mal an der Zeit für neue, neutralere Unterwäsche. Comic-Motive sind doch auch für Superhelden total unprofessionell.