Stefanie Schrank: Fabrik

Es ist doch schön, zu sehen, dass sich manche Dinge nicht verändern. Dass manche Sphären immer noch die gleichen sind; sich nicht kontinuierlich entwickeln müssen. Dass es auch Kunst gibt, die nicht immer etwas neues, noch abstrakteres, grenzüberschreitenderes sein muss. Es ist doch schön, dass es Musik gibt, die man nach zehn oder 15 Jahren noch gut finden kann, und die sich seitdem auch nicht komplett verwandelt halt.

Stefanie Schrank ist so ein Fall: Ich habe ihre Musik in der Band Karpatenhund und vor allem Locas in Love geliebt. Und nicht nur das – auch ihre Haltung: Dieses Okay mit sich sein, nicht rebellieren müssen, sondern einfach Spaß an der Sache haben. Und deswegen macht es mich froh, dass eine weitere Single-Auskopplung ihres bevorstehenden Solo-Albums (VÖ am 27. September bei staatsakt) einfach ein Stop-Motion-Film in klassischer Manier ist. No fuzz! So wie wir das im Designstudium früher gemacht haben. Und auch, wenn mir das erste Mal die Musik nicht so zusagt: Schön, dass das alles immer noch da ist.

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› Das beste Lied von Locas in Love: Nein (Bandcamp)

(via musikexpress)

Gegen das Aus-der-Welt-fallen

Ich habe etwas Schorf an der Schläfe. Ich bin angehalten, ihn nicht aufzukratzen, um Narbenbildung zu vermeiden. Daran halte ich mich natürlich. Aber für immer kann dieser Schorf da nicht bleiben; irgendwann wird er verschwinden. Er wird sich auflösen und irgendwann abfallen, im Ganzen oder Stück für Stück. Irgendwo wird er sich also verteilen; so eklig das auch klingen mag. Aber das ist ja das, was sowieso die ganze Zeit passiert. Hausstaub besteht zu einem Großteil aus alten Hautschuppen. Wir häuten uns permanent. Wir lassen uns andauernd und überall zurück. Das ist vielleicht auch eine Praxis, um nicht aus der Welt zu fallen – seine Spuren zu hinterlassen, das will ja irgendwie jeder. Dafür machen wir die Dinge: die Kunst, die Texte, die heroischen Taten, die Grausamkeiten – um zu bleiben; sich festzusetzen wie ein Anker. Wie, wenn man bei einem Date den Pulli absichtlich liegen lässt, um sich nochmal treffen zu müssen. Als Beeinflussung des Schicksals, sozusagen. Wenn ich das meinem Schorf erzähle!

072019: Isn’t It Ironic?!

image of an ink blotI am only allowed to leave my underwear on; no shirt, no socks. It makes sense, because after the doctor asks me to stand still, she points her gun-like mole detector on all the moles that are spread across my body. On the huge iMac, I see the pictures she takes: Red and brown and skin-colored spots, really close; they look more like bruises or the watery ink blots I make when mixing ink. She says it’s all good, but takes some pictures to monitor the mole’s alterations.

So, as a mole-covered person, I went to get a skin cancer screening (apologies for using the word mole for the fifth time now; I really don’t like it either). Which is somehow ironic, because in July I learned that I might not actually be the mole I always thought I was; hidden inside, behind his desk, wearing his huge glasses, avoiding sunlight. I’d like to inform you that I discovered FUN activities for me.

For a very long time in my life, I thought I’d needed to stay away from all things fun—I avoided holidays (too expensive, too time-consuming, I could be working during those two weeks!), I almost never went out for drinks (I don’t really drink, so what’s the point anyway?!), I skipped parties and festivals (too many people). Last weekend though, I went to the Pride parade here in Berlin, and I figured out that I am not scared of big crowds anymore, and that’s really good. It was actually really fun! And I also went out for drinks, during a really nice summer night, and that was enjoyable, too. How did I not know that having fun can be so effortless? Being able to refrain from judging oneself, and letting go of that workaholic’s remorse regarding leisure time—it’s really quite something. 10/10, can recommend.

Which reminds me of a comment I got from my friend Sonja, regarding my last newsletter’s headline (062019: Take Yourself With You). She pointed out that a good way to make uneasy situations more enjoyable is the thought that you always take yourself with you. And if you are cool with who you are, the uneasy situation might actually become manageable, if not even enjoyable—you’ve always got yourself! I liked that thought, and it made it even more appealing to love myself a bit more.

That’s why I also spent some me-time during July: I read Sally Rooney’s Normal People (as everyone did, apparently, and besides the book, I also enjoyed being part of the hype). I wrote a poem about a deer. I drew a vampire, and I wrote about awkward handshakes. Funnily, I got a lot of feedback on the handshake story from people who I’ve had a lot of awkward-handshake-situations with. Well, we’re all just trapped in our heads I guess.

Anyway: Now that I know that fun is an easily-accessible commodity that I could treat myself with every once in a while, and also now that I know that all my moles (SORRY) are innocuous, I invite you to enjoy this summer to its fullest. It’s August already!

Ein Reh

Direkt in meinen Kopf hinein
Springt ein Reh
Direkt zwischen die Hirnlappen
Springt es und
Dreht sich und
Macht es sich bequem in meinem
Laub aus Gedanken
Im Fallobst legt es sich nieder
Und schaut scheu
Durch die Synapsen

Über Awkward Handshakes

Wenn es eine Sache gibt, für die man mich in Erinnerung behalten wird, dann sind das Awkward Handshakes. Das kann ich richtig gut! Während die Begrüßung enger Freundinnen kein Problem darstellt (man umarmt sich halt, was soll der Geiz?), ist es mit deren Freunden, oder generell mit Männern, immer ein bisschen schwierig. Eine Fallstudie:

Ich treffe meinen Kumpel M. auf der Straße; wir haben uns schon ein paar Wochen (Monate?) nicht mehr gesehen, wie das in Berlin manchmal so ist, aber wir finden uns generell super. Wie begrüßt man sich also? Mit einer Umarmung hätte ich Angst, ihm zu Nahe zu treten – wir sind nicht allerbeste Freunde, und er ist sehr heterosexuell, das könnte ihm alles viel zu viel sein. Dass ich damit in voller Fahrt meine eigene innere Homophobie auf andere projiziere, ist mir durchaus klar – aber ich sag’ wie’s ist!

Man könnte sich also einfach die Hände schütteln. Ganz alte Schule; da bin ich ja ein ein Freund von. Gerne höflich die Hand ausstrecken, womöglich dabei noch die linke Hand auf dem Rücken, dreimal schütteln, sich kurz zunicken und leicht verbeugen – fertig! Das wäre ehrlich gesagt meine Traumbegrüßung mit allem, was nicht umarmungswillig ist. Aber so einfach ist es nicht, denn gerade, wenn ich die Hand ausstrecke, passiert sowas:

M. (oder wer auch immer), streckt auch die Hand aus, aber in einem anderen Winkel. Irgendwie rechtwinklig nach oben; als würde man ein High-Five mit einem Händeschütteln verbinden. Es ist nichts Halbes und nichts Ganzes, was mir da entgegen gestreckt wird. Wie greifen da bitte die Hände ineinander? Berühren sich die Ellbogen? Und die Kür: Folgt darauf eine Bro-eske Umarmung mit Auf-die-Schulter-Klopfen, oder bleibt man auf Distanz?

Eins ist, wenn M. mir mit so einer komischen 90-Grad-Arm-Geste begegnet, gewiss: Es. Wird. Awkward. Ich, schon mit halb ausgestreckter Händeschüttelhand, versuche cool und heterolike auf diesen High-Five-Arm zu reagieren, verpasse ihn aber um einige Millisekunden; was dann dazu führt, dass die Hände sehr merkwürdig ineinandergreifen und ich mich in eine etwas zu intensive Umarmung rette, um meinem gegenüber nicht ins Gesicht schauen zu müssen.

Was sich M. nach diesem Begrüßungsüberfall denkt – ich will es besser gar nicht wissen. Das Eis der Awkwardness ist danach jedenfalls ein für alle mal gebrochen.

Vampire

drawing of a vampire looking into his phone

A vampire I drew for Ali. June 2019