Anderer Mütter Kühlschränke

Als Kind fand ich es immer extrem verwerflich, wenn ich in den Kühlschränken meiner Freunde eine Fünferbatterie Kinder Pingui entdeckte. An den heißen Sommertagen, die Stefan und ich im Hof verbrachten, pausierten wir manchmal in seiner Küche, um Limonade zu trinken. Der kleine Bruder schlich dann um unsere Beine und öffnete irgendwann die Kühlschranktür, um im Seitenfach drei Kinder Pingui aus der Packung zu lösen, uns zu überreichen und sich bei uns beliebt zu machen.

So etwas gab es in unserem Kühlschrank nicht. Nichts dergleichen, nicht einmal Milchschnitte. Meine Mutter weigerte sich. Das Verlangen danach wurde uns ausgetrieben, als ein Reigen an Müttern im Kindergarten einmal versuchte, den Nachwuchs mit der »gesunden Milchschnitte« zu überzeugen: Zwei Pumpernickelscheiben, deren Innenseiten sparsam mit Quark und Honig bestrichen waren. Sämtliches Interesse ging ohne Verzögerung beim ersten Happen verloren; wir nahmen hin, dass Milchschnitten verwerflich waren, und das Leben keinerlei Alternative bereit hielt.

Nur die Kühlschränke der Freunde waren gefüllt damit. Und heute, wo ich meinen Kühlschrank selbst befülle, bemerke ich: Ich fand es natürlich nicht verwerflich, ich war einfach nur neidisch. Und obwohl ich an Trotzigkeit und Regelbruch nie sonderlich interessiert war, kaufe ich heute, hin und wieder und nur ganz selten, eine Fünferbatterie von diesem künstlichen Süßkram. Mütter, euer Pumpernickel hat nicht gesiegt. Nicht in diesem Fall.

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