Herbst

Der Weg von der Haltestelle bis zu mir nach Hause ist düster, und das war kein guter Tag. Überall sehe ich Menschen, die gut aussehen. Auch am S-Bahnhof. Der Junge in der zu kurzen Jacke, mit der Brille, und das Mädchen, sie trägt schöne Schuhe. Sie raucht.

Ich biege in die Emser Straße und laufe vorbei an der Oberschule, über den kleinen Platz, hier hört die Straßenbeleuchtung auf. Ich gehe noch ein paar wenige Schritte, und kurz vor meiner Straße werde ich eigeholt von jemandem, dessen Silhouette ich nicht erkenne. Die Schritte hinter mir gelangen nur wenige Sekunden zuvor an mein Gehör. Dann sperrt mir die Person einen Fuß zwischen die Beine, und ich werde an der linken Schulter zu Boden gedrückt. Zwei Hände schieben mich zielstrebig nach unten, und alles geht sehr schnell, ich kann kaum Kraft zur Wehr ausüben. Der Versuch wird mit dem ersten Tritt in die Magengrube beantwortet, ein weiterer folgt in die Kniekehlen, so dass ich zu Boden gehe. Meine Hände, die Schulter und schließlich die Wange landen auf dem kalten Herbstasphalt. Die Schuhspitze des Unbekannten landet noch vor meinem Überkreuzen der Arme in meiner Brust – der letzte Tritt, bevor das Gesicht an der Reihe ist. Ein Hieb trifft mich auf den Nacken, es peitscht regelrecht, und die Gestalt scheint skrupellos zu sein, denn der darauf folgende Tritt trifft meine Nase und ich höre das Knacken eines Knochens im Zentrum meines Gesichts. Die Geräusche vermischen sich: Stöhnen, Schnauben, die Wucht und das Schürfen von Schuhen und Gliedmaßen auf dem Teer.

Der Boden ist kalt. Ich bleibe dann noch ein Weilchen liegen und fühle den roten Eisengeschmack auf der Zunge, der mir aus der Nase in den Mund sickert, oder woher das da auch immer gerade kommt. Ein paar Tropfen landen auf dem Boden und machen Flecken, über die die Nacht später Herbstblätter schieben wird.

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