Wir gehen jetzt auf die 30 zu

Vor einem Jahr noch fand ich diesen Satz witzig. Da war das ja auch einfach; ich war gerade 27 geworden, vom Feeling her also immer noch Mitte 20; da war das alles noch weniger greifbar. Der Satz fiel, um den Kauf eines teuren Möbelstücks zu rechtfertigen. »Wir gehen doch jetzt auf die 30 zu«, da kann man schon mal in etwas investieren, was qualitativ und preislich über IKEA-Niveau hinausgeht. Und daraus ist dann irgendwie ein geflügeltes Wort geworden – fast 30 sein rechtfertigt alles!

Aber jetzt rückt auch bei mir die 30 näher. Ich habe keine Angst vor dem Älter werden, ich finde es generell sogar super. Es ist eher der Drang, die Umstände zu prüfen und abzuwägen, der mich zermürbt. Habe ich mir Erwachsen sein so vorgestellt? Lebe ich eigentlich so, wie ich will? Was genau sind die Dämonen, die mir im Nacken sitzen und mich hetzen? Und wie werde ich sie los?

Früher war mir wichtig, mir auszumalen, wie die Zukunft aussieht. Es hat mir geholfen, mich zu orientieren und Ziele zu haben. Heute scheue ich mich davor, mir die kommenden 10, 20 Jahre vorzustellen. Warum eigentlich? Wieso nicht zugeben, dass gewisse Träume geplatzt sind und so auch Platz für Neues entstanden ist? Wieso nicht ernsthaft hinterfragen, ob mir diese Menschen, diese Arbeit, diese Wohnung, diese Stadt noch das geben, was ich brauche? Wofür all diese Unabhängigkeit, wenn ich mich nicht von ihr losreißen kann?

Wir gehen jetzt auf die 30 zu. Zeit, die Zügel mal selbst in die Hand zu nehmen.